Immer wieder ist es das sanft lächelnde Gesicht der Maria und die gutmütig geduldige Haltung des Josef, die es mir beim näheren Betrachten von Krippenfiguren schwer macht, mich zu entscheiden zwischen friedvoller Weihnachtsstimmung oder genervtem Augenverdrehen.
Echt jetzt? So gechillt? Mit frischem, schreienden Säugling (erstes Kind, wohlgemerkt, keinerlei Übung), leicht ungeklärten Vaterschaftsfragen, einem Beziehungsstatus, der auch nicht so einfach zu beschreiben ist – aber wir singen vom trauten, hochheiligen Paar. Wenn das mal nicht Druck ausübt auf den ganz normalen Familienwahnsinn unterm Weihnachtsbaum…
Manchmal ist es gerade an Weihnachten so, dass unser Familienleben so gar nicht friedlich und harmonisch, geschweige denn heilig ist. Gerade vor und an den Festtagen geht es hoch her, wir geraten in Stress, müssen uns um vieles kümmern, Essen vorbereiten, letzte Geschenke verpacken, aufräumen für den Besuch… Für Zeit zu zweit bleibt da gar kein Raum. Eigentlich ist es so kein Wunder, dass Paare an Weihnachten besonders oft aneinandergeraten. Die Messlatte liegt hoch an diesem Fest des Friedens. Unsere eigenen Erwartungen setzen uns unter Druck, so dass wir versuchen, eben diese Postkartenidylle zuhause herbeizuzaubern. Und
plötzlich ist die Kommunikation unterirdisch, weil der Stress uns so mitnimmt.
Da kann es hilfreich sein, das Hamsterrad kurz anzuhalten.
Wie reden wir miteinander? Schaffen wir es, statt Vorwürfen Wünsche zu formulieren? Was erhoffen wir uns für unsere Beziehung? Haben wir genug Freiraum und auch genug Gemeinsamkeiten? Wie versöhnen wir uns eigentlich? Haben wir einen gemeinsamen Sehnsuchtsort in unserer Erinnerung? Ein kleiner Ausflug dahin lässt zwar den Wäscheberg vor den Feiertagen nicht kleiner werden und den Fußboden nicht weniger klebrig, aber die Verbundenheit größer – und vielleicht lächeln wir plötzlich so wie Maria und Josef und sehen mit Stolz und Liebe auf unseren gemeinsamen Weg.